Kultur wirkt.

Hans Knopper M.A.

Tina Juretzek
Ausstellung im Kunsthaus Mettmann 1981

Zur Ausstellung Tina Juretzek
(erschienen in der Vereinzeitschrift Kunsthaus Nachrichten Nr.3, 1981, Ausstellungsdauer 8.11. - 25.11.1981)

Starke Farbigkeit, dynamische Bewegtheit, lebendige Sinnenfreude vermitteln sich dem Betrachter als erste Eindrücke von den malerischen Arbeiten Bettina Juretzeks.

Die Öl- und Acrylfarben werden ungebrochen auf den Malgrund aufgetragen. Eventuelle Farbmischungen ereignen sich erst dort. Oft bleibt die volle farbliche Spannkraft des Malmaterials erhalten und führt so zu teilweise grellen Farbkontrasten.

Die Art und Weise des Farbauftrags mildert das harte Aufeinanderprallen der Farben und stellt Verbindungen zwischen ihnen her: Zum einen wird, wie konventionell üblich, Farbe mit dem Pinsel aufgetragen. So entstehen unruhig vibrierende sowie glatte Farbflächen, die im Wechsel das Gefühl von räumlicher Tiefe erzeugen. Zum andern wird die Farbe direkt aus der Tube dem Malgrund aufgedrückt. So entstehen breite Linien, die Gegenstände zum umreißen scheinen, bzw. den vorhandenen Flächen wie Akzente aufsitzen, ohne daß sie zunächst genauer zu deuten wären. Der Materialauftrag aus der Tube besitzt durchs sein Farbverhalten und dessen Sattheit ein von der Künstlerin gewünschtes Eigenleben. Eine andere Möglichkeit des Farbeinsatzes besteht in der Verwendung von eingefärbtem, zurechtgerissenem Papier, das eingeklebt wird. Schließlich benutzt Bettina Juretzek noch farbige Pastellkreiden und Stifte, mit denen eine genaue Linienführung möglich ist. Diese zeichnerische Mittel wird zur Gliederung und Benennung von Gegenständen und Menschen benutzt.

Indem dieses zeichnerische Mittel, ebenso wie der Pinselauftrag, unmittelbar nebeneinander bei gleicher äußerer Erscheinungsweise unterschiedliche Dinge kennzeichnet, wird Bewegung erzeugt: Was eben noch zur linearen Körpermarkierung diente, wird durch mehrfache Wiederholung zur Fläche ausgeweitet, die Bildraum erzeugt; so kann ein und das gleiche Gelb einmal einen menschlichen Körper kennzeichnen, ein Stück weiter wird es zur Raumangabe und schließlich haftet es an einem Haus des Hintergrundes.

Dinge, die auseinanderliegen, werden über die Farb- und Strichähnlichkeit in Beziehung gesetzt. Der Eindruck einer dynamischen Bewegtheit entsteht. Dieses sehr dicht geflochtene Beziehungssystem verweigert sich dem zergliedernden Bildlesen. Nötig ist ein sich dem ganzheitlichen Sehen überlassender Betrachter, der Farbeinzelheiten weniger nach ihrem inhaltlichen Wert als vielmehr nach ihrer malerischen Qualität befragt. Die Mittel werden aus ihrer Bindung an Gegenstände entlassen. Die starke Eigenständigkeit von Farben und Linien entsteht dadurch, daß von der Figur ausgegangen wird und sie, wenn nötig, während des Malaktes wieder neu eingeführt wird. Die erotische, irrationale Körperlichkeit der Figuren wird betont und zu einer sie umgebenden Natur- oder Stadtlandschaft in Beziehung zu setzen versucht. 

Diejenigen Kräfte, die inhaltlich angegangen werden, spielen auch im Malakt selbst eine entscheidende Rolle. Die leicht für unbekümmerte Vitalität gehaltene Gestaltungsweise läßt jede spontan entstandene Farbspur zu und versucht sie mit dem nächsten Farbstrich in das Bild zu integrieren. Die Malerin stellt sich die Aufgabe des spontanen Gefühlsausdrucks und der prompten Reaktion darauf. Die so provierten Aktionen werden ins Bild gebracht, um dort malerisch bewältigt und objektiviert zu werden.

 

Hans Knopper
Oktober 1981

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